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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie:
Anlage VI (Off-Label-Use) – Carboplatin in Kombination mit Gemcitabin zur Behandlung
von Patientinnen und Patienten mit inoperablem lokal fortgeschrittenem oder
metastasiertem Urothelkarzinom, wenn eine Cisplatin-Therapie nicht infrage kommt

Vom 20. Mai 2021

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 20. Mai 2021 beschlossen, die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), die durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 3. Juni 2021 (BAnz AT 05.08.2021 B1) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Der Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie wird in Teil A folgende Nummer „XXXII. Carboplatin in Kombination mit Gemcitabin zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit inoperablem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom, wenn eine Cisplatin-Therapie nicht infrage kommt“ angefügt:

„1.
Hinweise zur Anwendung von Carboplatin in Kombination mit Gemcitabin beim inoperablen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinom gemäß § 30 Absatz 2 AM-RL:
a)
Nicht zugelassenes Anwendungsgebiet (Off-Label-Indikation):
Erste systemische Chemotherapie des inoperablen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinoms, wenn eine Cisplatin-Therapie nicht infrage kommt.
b)
Behandlungsziel:
Verlängerung der Überlebenszeit
c)
Welche Wirkstoffe sind für das entsprechende Anwendungsgebiet zugelassen?
Atezolizumab, Pembrolizumab
d)
Spezielle Patientengruppe:
Patientinnen und Patienten, die eine erste systemische Chemotherapie erhalten sollen, die aber für Cisplatin nicht in Betracht kommen.
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sollte bei Beratung und Indikationsstellung berücksichtigen, dass Patientinnen und Patienten, die sowohl einen deutlich eingeschränkten Allgemeinzustand (nach WHO > 2) als auch eine eingeschränkte Nierenfunktion (GFR < 60 ml/min) ausweisen, unter Carboplatin/Gemcitabin eine mediane Überlebenszeit von nur ca. 6 Monaten erreichen. Es ist deshalb fraglich, ob diese Patientinnen und Patienten von der Chemotherapie profitieren.
e)
Patienten, die nicht behandelt werden sollten:
Bei der Anwendung von Carboplatin und Gemcitabin beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinom sind die in der gültigen Fachinformation genannten Gegenanzeigen und Warnhinweise zu beachten.
f)
Dosierung:
Gemcitabin 1 000 mg/m2 Körperoberfläche über 30 Minuten intravenös an den Tagen 1 und 8, gefolgt von Carboplatin 4,5 x [GFR+25] mg über 1 Stunde intravenös an Tag 1, Zykluswiederbeginn Tag 22.
g)
Behandlungsdauer:
Die Behandlung sollte bis zum Erreichen einer CR (kompletten Remission) durchgeführt werden. Danach sollten noch 2 Zyklen verabreicht und die Behandlung dann unterbrochen werden. In der Regel werden 4 bis 6 Zyklen verabreicht. So lag in der bewerteten Studie die mediane Therapiedauer bei 14 Wochen (= ca. 4 Zyklen).
h)
Wann sollte die Behandlung abgebrochen werden?
Die Behandlung sollte bei Progress oder inakzeptabler Toxizität abgebrochen werden.
i)
Nebenwirkungen/Wechselwirkungen, wenn diese über die zugelassene Fachinformation hinausgehen oder dort nicht erwähnt sind:
Die Kombination Carboplatin und Gemcitabin weist eine deutliche Hämatotoxizität auf. In der Studie von de Santis et al. lag die Rate schwerer Neutrozytopenie (Grad 3/4) bei 52,5% und die schwerer Thrombozytopenie (Grad 3/4) bei 48,3%. Die Rate schwerer Infektionen (Grad 3/4) betrug 11,8%.
Engmaschige Blutbildkontrollen sind deshalb notwendig und im Falle einer schwerwiegenden Panzytopenie müssen entsprechende supportive Maßnahmen wie Erythrozyten- und Thrombozytentransfusion und die prophylaktische oder therapeutische Gabe von Antibiotika und Antimykotika verfügbar sein. Bei schwerer Granulozytopenie ist außerdem beim nächsten Zyklus eine prophylaktische Gabe von Granulozyten-Kolonien-stimulierenden Faktoren (G-CSF) in Erwägung zu ziehen.
Die Hinweise zu Dosismodifikationen bzw. Therapieunterbrechungen bei Hämatotoxizität, zu Kontraindi­kationen und unerwünschten Wirkungen in den Fachinformationen von Carboplatin und Gemcitabin sind zu beachten.
Nach der Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte sind Verdachtsfälle von Nebenwirkungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bzw. der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden. Dies gilt auch für Arzneimittel, die im Off-Label-Use eingesetzt werden. Auch für Patientinnen und Patienten besteht die Möglichkeit, Nebenwirkungen direkt an die Bundesoberbehörden zu melden.
j)
Weitere Besonderheiten:
Aufgrund der ausgeprägten Hämatotoxizität darf die Behandlung nur durch in der Therapie von Urothelkarzinomen erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie oder durch in der Anwendung dieser Arzneimittelkombination erfahrene Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie und weitere, an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte anderer Fachgruppen erfolgen.
k)
Zustimmung der pharmazeutischen Unternehmer:
Die folgenden pharmazeutischen Unternehmer haben für ihre Carboplatin-haltigen und/oder Gemcitabin-haltigen Arzneimittel eine Anerkennung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs abgegeben (Haftung des pharmazeutischen Unternehmers), sodass ihre Arzneimittel für die vorgenannte Off-Label-Indikation verordnungsfähig sind:
AxioNovo GmbH, Bendalis GmbH, Fresenius Kabi Deutschland GmbH, Hikma Farmaceutica (Portugal), S.A., Hikma Pharma GmbH, medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH, onkovis GmbH, STADAPHARM GmbH, ZytoService Deutschland GmbH Leipzig
Nicht verordnungsfähig sind in diesem Zusammenhang die Carboplatin-haltigen und/oder Gemcitabin-haltigen Arzneimittel anderer pharmazeutischer Unternehmer, da diese keine entsprechende Erklärung abgegeben haben.
2.
Anforderungen an eine Verlaufsdokumentation gemäß § 30 Absatz 4 AM-RL: entfällt“
II.

Die Änderung der Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 20. Mai 2021

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken