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Bundesministerium
für Arbeit und Soziales

Bekanntmachung
über den Entwurf einer Dritten Verordnung
zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns
(Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV3)

Vom 2. September 2020
I.

Die Bundesregierung beabsichtigt auf der Grundlage des § 11 des Mindestlohngesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) die

Dritte Verordnung
zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns
(Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV3)

zu erlassen.

Der Entwurf der Verordnung ist im Folgenden abgedruckt.

II.

Den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den Vereinigungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, den Wohlfahrtsverbänden sowie den Verbänden, die wirtschaftliche und soziale Interessen organisieren, wird hiermit gemäß § 11 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen, vom Tag der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung im Bundesanzeiger an gerechnet, beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 11017 Berlin, gegeben.

Nach Beschluss der Bundesregierung werden zur Erhöhung der Transparenz Verbändestellungnahmen zu Rechtsetzungsverfahren im Internet veröffentlicht. Stellungnahmen sind daher frei von personenbezogenen Daten oder alternativ mit Schwärzungen etwaiger personenbezogener Daten in der Stellungnahme abzugeben. Sollte eine Stellungnahme mit personenbezogenen Daten abgegeben werden, muss der Nachweis über die erteilte Einwilligung der betroffenen Personen zur Veröffentlichung ihrer in der Stellungnahme enthaltenen personenbezogenen Daten mit übermittelt werden. Sofern von der Veröffentlichung der Stellungnahme abgesehen werden soll, muss bei Übermittlung der Stellungnahme ausdrücklich der Veröffentlichung widersprochen werden. In diesem Fall wird im Rahmen der Veröffentlichung lediglich vermerkt, dass eine Stellungnahme des betroffenen Verbandes eingereicht wurde. Zu veröffentlichende Stellungnahmen sind barrierefrei abzugeben.

Berlin, den 2. September 2020

IIIa6-31261-3

Bundesministerium
für Arbeit und Soziales

Im Auftrag
Böttcher

Verordnungsentwurf
der Bundesregierung

A. Problem und Ziel

Mit Artikel 1 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 (BGBl. I S.1348) wurde zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde eingeführt. Über die Anpassung des Mindestlohns hat nach den Vorgaben des Mindestlohngesetzes alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Tarifpartner, die sich aus Vertretern der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zusammensetzt und von Wissenschaftlern beraten wird (Mindestlohnkommission), zu beschließen. Dabei prüft die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Sie orientiert sich dabei nachlaufend an der Tariflohnentwicklung. Die von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Anpassung kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung verbindlich machen.

Seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes sind zwei – jeweils einstimmig gefasste – Vorschläge der Mindestlohnkommission durch Rechtsverordnung umgesetzt worden: Durch die erste Mindestlohnanpassungsverordnung vom 15. November 2016 (BGBl. I S. 2530) wurde der Mindestlohn zum 1. Januar 2017 auf brutto 8,84 Euro je Zeitstunde angehoben. Den am 26. Juni 2018 gefassten zweiten Beschluss der Kommission hat die Bundesregierung mit der Zweiten Mindestlohnanpassungsverordnung vom 13. November 2018 (BGBl. I S. 1876) umgesetzt und den gesetzlichen Mindestlohn für die Zeit ab 1. Januar 2019 auf brutto 9,19 Euro je Zeitstunde und für die Zeit ab 1. Januar 2020 auf brutto 9,35 Euro je Zeitstunde erhöht. In ihrer Sitzung am 30. Juni 2020 hat die Mindestlohnkommission wiederum einstimmig beschlossen, für die Anpassung des Mindestlohns ab 1. Januar 2021 erstmals eine Erhöhung in vier Schritten vorzuschlagen. Danach soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2021 zunächst auf brutto 9,50 Euro je Zeitstunde angehoben werden und dann im Halbjahresmodus auf 9,60 Euro (zum 1. Juli 2021), auf 9,82 Euro (zum 1. Januar 2022) und auf 10,45 Euro (zum 1. Juli 2022) steigen.

B. Lösung

Anpassung der Höhe des Mindestlohns durch Rechtsverordnung der Bundesregierung auf Vorschlag der Mindestlohnkommission.

Auf Grund der Rechtsverordnung steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die bislang einen Bruttostundenlohn unterhalb des erhöhten Mindestlohns erhalten haben, ab 1. Januar 2021 mindestens ein Stundenlohn in Höhe von brutto 9,50 Euro je Zeitstunde, ab 1. Juli 2021 von brutto 9,60 Euro je Zeitstunde, ab 1. Januar 2022 von brutto 9,82 Euro je Zeitstunde und ab 1. Juli 2022 von brutto 10,45 Euro je Zeitstunde zu. Es wird davon ausgegangen, dass unmittelbar durch die Verordnung den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Lohnerhöhungen im Jahr 2021 von rund 228,42 Millionen Euro und im Jahr 2022 von 1112,76 Millionen Euro zugutekommen werden.

C. Alternativen

keine

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

keine

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung (MiloV3) enthält keine Vorgaben für Bürgerinnen und Bürger.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft nicht erhöht, geändert oder aufgehoben.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

keine

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung nicht erhöht, geändert oder aufgehoben. Es bleibt beim bisherigen Personalaufwand der für die Durchführung des Mindestlohngesetzes zuständigen Bundesbehörden.

F. Weitere Kosten

Soweit durch die Verordnung eine Anhebung der Arbeitsentgelte erforderlich wird, kommt es bei den betreffenden Arbeitgebern zu höheren Lohnkosten von geschätzt rund 228,42 Millionen Euro im Jahr 2021 und 1112,76 Millionen Euro im Jahr 2022.

Als Folge der MiLoV3 könnten bei vollständiger Überwälzung der Lohnerhöhungen die Preise für Waren und Dienstleistungen geringfügig ansteigen. Die Verbraucherpreise sind in einigen Branchen, die vom gesetzlichen Mindestlohn besonders betroffen sind, überdurchschnittlich gestiegen, ohne dass dies einen spürbaren Effekt auf den Gesamtpreisindex hatte. Erhebliche Auswirkungen auf das gesamtwirtschaftliche Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind daher auch nach der Anpassung nicht zu erwarten.

Dritte Verordnung
zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns
(Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV3)

Vom ...

 Auf Grund des § 11 des Mindestlohngesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) verordnet die Bundesregierung:

§ 1

Höhe des Mindestlohns

 Der Mindestlohn beträgt

1. ab 1. Januar 2021 9,50 Euro brutto je Zeitstunde
2. ab 1. Juli 2021 9,60 Euro brutto je Zeitstunde
3. ab 1. Januar 2022 9,82 Euro brutto je Zeitstunde
4. ab 1. Juli 2022 10,45 Euro brutto je Zeitstunde.
§ 2

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

 Diese Verordnung tritt am [einsetzen: 1. Januar 2021, sofern die Verkündung bis zu diesem Datum erfolgt. Bei späterer Verkündung das Datum, das auf den Tag der Verkündung folgt] in Kraft. Gleichzeitig tritt die Zweite Mindestlohnanpassungs­verordnung vom 13. November 2018 (BGBl. I S. 1876) außer Kraft.

Begründung

A.

Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Mit Artikel 1 des Tarifautonomiestärkungsgesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) wurde zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde eingeführt. Anspruch auf den Mindestlohn haben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes (MiLoG).

Der Mindestlohn gilt auch für die im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von im Ausland ansässigen Arbeitgebern. Das MiLoG setzt damit die Vorgaben der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABL. L 018 vom 21.1.1997, S. 1) in der Fassung der Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 (ABL. L 173 vom 9.7.2018, S. 16) um. Der Mindestlohn schützt damit die Rechte der in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und trägt zu einem fairen Wettbewerb zwischen den im Inland und im Ausland ansässigen Unternehmen bei.

Der zur Einführung auf brutto 8,50 Euro je Zeitstunde festgelegte Mindestlohn hat es einem alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten ermöglicht, bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ein Monatseinkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze gemäß § 850c Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung zu erzielen. Der Gesetzgeber hat sich für die Höhe des Mindestlohns bei seiner Einführung an der Pfändungsfreigrenze orientiert, da diese ein auf die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugeschnittenes pauschaliertes Existenzminimum darstellt, welches ihnen einen moderaten Selbstbehalt sichert. Berücksichtigt sind dabei Sonderkosten, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern typischerweise durch die Erwerbstätigkeit entstehen.

Die Entscheidung über die Anpassung der Höhe des Mindestlohns wird vom MiLoG einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) überantwortet. Die mit der Einführung des Mindestlohns verfolgten Ziele werden institutionell abgesichert, indem für die Anpassungen des Mindestlohns auf den Sachverstand der durch Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes mit der Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betrauten Tarifpartner zurückgegriffen wird. Die Beschlüsse der Kommission bedürfen der Umsetzung durch Rechtsverordnung der Bundesregierung. Die Kommission hat erstmals bis zum 30. Juni 2016 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 über die Anpassung des Mindestlohns zu beschließen. Mit einem entsprechenden Beschluss war eine Anhebung auf brutto 8,84 Euro je Zeitstunde vorgeschlagen worden. Dieser Beschluss wurde durch die erste Mindestlohnanpassungsverordnung der Bundesregierung vom 15. November 2016 (BGBl. I S. 2530) für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht. Seitdem hat die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre über Anpassungen der Mindestlohnhöhe zu beschließen. Die Kommission hat mit Beschluss vom 26. Juni 2018 vorgeschlagen, den Mindestlohn für die Zeit ab 1. Januar 2019 in zwei Stufen anzupassen. Mit der Zweiten Mindestlohnanpassungsverordnung vom 13. November 2018 (BGBl. I S. 1876) hat die Bundesregierung diesen Beschluss umgesetzt und den gesetzlichen Mindestlohn ab 1. Januar 2019 auf brutto 9,19 Euro je Zeitstunde und ab 1. Januar 2020 auf brutto 9,35 Euro je Zeitstunde erhöht.

Die Mindestlohnkommission hat turnusmäßig in ihrer Sitzung am 30. Juni 2020 einen einstimmigen Beschluss1 gefasst, mit dem die Anpassung des Mindestlohns für die Zeit ab 1. Januar 2021 in vier Stufen auf brutto 10,45 Euro je Zeitstunde vorgeschlagen wird. Dazu soll die Mindestlohnhöhe zunächst auf brutto 9,50 Euro je Zeitstunde und in weiteren Schritten zum 1. Juli 2021 auf brutto 9,60 Euro je Zeitstunde, zum 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro je Zeitstunde sowie zum 1. Juli 2022 auf brutto 10,45 Euro je Zeitstunde festgesetzt werden. Die Mindestlohnkommission hat der Bundesregierung auch einen Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns nach § 9 Absatz 4 MiLoG zur Verfügung gestellt.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die MiLoV3 setzt auf Grundlage des Beschlusses der Mindestlohnkommission vom 30. Juni 2020 die Höhe des Mindestlohns ab 1. Januar 2021 auf brutto 9,50 Euro je Zeitstunde, ab 1. Juli 2021 auf brutto 9,60 Euro je Zeitstunde, ab 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro je Zeitstunde und ab 1. Juli 2022 auf brutto 10,45 Euro je Zeitstunde fest. Von der ersten und zweiten Erhöhung werden geschätzt jeweils 1,95 Millionen Beschäftigungsverhältnisse profitieren. Von der dritten Erhöhung werden geschätzt 2,09 Millionen und von der vierten Erhöhung geschätzt 3,85 Millionen Beschäftigungsverhältnisse profitieren. Die Zahlen sind nicht überschneidungsfrei und daher nicht zu summieren.

III. Alternativen

keine

IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die MiLoV3 ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen vereinbar.

V. Verordnungsfolgen

Die stufenweise Anpassung des Mindestlohns zum 1. Januar 2021, zum 1. Juli 2021, zum 1. Januar 2022 und zum 1. Juli 2022 trägt zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei und ermöglicht faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen. Negative Beschäftigungseffekte sind nicht zu erwarten.

1 Nachhaltigkeitsaspekte

Die MiLoV3 steht im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Die Erhöhung des Mindestlohns verbessert die Einkommenssituation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich. Frauen profitieren hiervon überdurchschnittlich, ebenso Beschäftigte in Ostdeutschland. Der Mindestlohn leistet einen Beitrag zur fairen Einkommensverteilung und fördert damit die wirtschaftliche und soziale Teilhabe.

2 Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

keine

3 Erfüllungsaufwand

3.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Die MiLoV3 enthält keine Vorgaben für Bürgerinnen und Bürger.

3.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft nicht erhöht, geändert oder aufgehoben.

3.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung nicht erhöht, geändert oder aufgehoben. Es bleibt beim bisherigen Personalaufwand der für die Durchführung des MiLoG zuständigen Bundesbehörden.

4 Weitere Kosten

Soweit durch die Verordnung eine Anhebung der Arbeitsentgelte erforderlich wird, kommt es bei den betreffenden Arbeitgebern zu höheren Lohnkosten von geschätzt 228,42 Millionen Euro im Jahr 2021 und rund 1112,76 Millionen Euro im Jahr 2022.

Als Folge der MiLoV3 könnten bei vollständiger Überwälzung der Lohnerhöhungen die Preise für Waren und für Dienstleistungen geringfügig ansteigen. Die Verbraucherpreise sind in einigen Branchen, die vom gesetzlichen Mindestlohn besonders betroffen sind, überdurchschnittlich gestiegen, ohne dass dies einen spürbaren Effekt auf den Gesamtpreisindex hatte. Erhebliche Auswirkungen auf das gesamtwirtschaftliche Preisniveau sind nicht zu erwarten.

5 Weitere Verordnungsfolgen

Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen der Mindestlohnerhöhung wurden geprüft. Die Verordnung ist geschlechtsneutral formuliert. Nach dem Ergebnis der Relevanzprüfung ist die Verordnung insgesamt gleichstellungspolitisch ausgewogen; sie läuft gleichstellungspolitischen Zielen nicht zuwider. Von der Erhöhung des allgemeinen Mindestlohns werden Frauen in besonderem Maße profitieren, da sie überproportional von niedrigen Löhnen betroffen sind. Bei Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 bezogen den Mindestlohn von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde weitaus mehr Frauen (rund 60 Prozent) als Männer (rund 40 Prozent). Dies hat sich auch durch die bisherigen Anpassungen des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 auf brutto 8,84 Euro je Zeitstunde sowie zum 1. Januar 2019 auf brutto 9,19 Euro je Zeitstunde und zum 1. Januar 2020 auf brutto 9,35 Euro je Zeitstunde kaum geändert. Demografische Auswirkungen der Erhöhung des Mindestlohns sind nicht zu erwarten.

VI. Befristung; Evaluierung

Nach § 11 Absatz 1 Satz 3 MiLoG gilt die Rechtsverordnung, bis sie durch eine neue Rechtsverordnung abgelöst wird.

Die Mindestlohnkommission evaluiert nach § 9 Absatz 4 MiLoG laufend die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung in Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie die Produktivität und stellt ihre Erkenntnisse der Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung. Ihren Ersten Bericht hat die Mindestlohnkommission der Bundesregierung gemeinsam mit ihrem Anpassungsbeschluss am 28. Juni 2016 zur Verfügung gestellt, den Zweiten Bericht mit dem Anpassungsbeschluss am 26. Juni 2018 und den aktuellen Dritten Bericht am 30. Juni 2020.

Daneben ist das MiLoG nach § 23 MiLoG im Jahr 2020 zu evaluieren. Im Rahmen dieser Mindestlohnevaluation wurden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales fünf Forschungsprojekte vergeben, die die Wirkungen des Mindestlohns untersuchen. Es wird erwartet, dass ein Gesamtbericht im vierten Quartal 2020 vorliegen wird.

B.

Besonderer Teil

Zu § 1 (Höhe des Mindestlohns)

Mit § 1 wird der Anpassungsbeschluss der Mindestlohnkommission von der Bundesregierung für alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechtsverbindlich umgesetzt (vergleiche § 11 Absatz 1 Satz 1 MiLoG).

Die stimmberechtigten Mitglieder der Mindestlohnkommission haben in der Sitzung am 30. Juni 2020 einstimmig beschlossen, die Höhe des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2021 auf zunächst brutto 9,50 Euro je Zeitstunde und in weiteren Schritten ab dem 1. Juli 2021 auf brutto 9,60 Euro je Zeitstunde, ab dem 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro je Zeitstunde und ab 1. Juli 2022 auf brutto 10,45 Euro je Zeitstunde festzusetzen. Den Anpassungsbeschluss hat die Mindestlohnkommission nach § 9 Absatz 3 MiLoG schriftlich begründet.

Die beschlossene Anpassung ist nach Einschätzung der Bundesregierung im Rahmen einer Gesamtabwägung geeignet, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden (vergleiche § 9 Absatz 2 Satz 1 MiLoG). Die Mindestlohnkommission hat sich für die Anpassung der Höhe des Mindestlohns auch nachlaufend an der Tarifentwicklung orientiert (vergleiche § 9 Absatz 2 Satz 2 MiLoG):

Im zweiten Beschluss der Mindestlohnkommission nach § 9 MiLoG2 wurde vereinbart, dass für die bis zum 30. Juni 2020 vorzunehmende Anpassungsentscheidung im Hinblick auf die Orientierung an der Entwicklung des Tarifindex des Statistischen Bundesamts ohne Sonderzahlungen auf Basis der Stundenverdienste von dem Wert ausgegangen wird, der ohne Berücksichtigung des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst zu Stande gekommen wäre (9,29 Euro). Hierdurch soll eine Doppelanrechnung des Abschlusses im öffentlichen Dienst vermieden werden, der zu dem Zeitpunkt des zweiten Beschlusses zwar bereits beschlossen, aber noch nicht ausgezahlt und somit auch noch nicht im Tarifindex enthalten war, gleichwohl aber für den zweiten Beschluss berücksichtigt wurde. Würde man ausgehend von diesem Wert die Entwicklung des Tarifindex zwischen Dezember 2017 und Dezember 2019 heranziehen und damit in gleicher Weise wie beim zweiten Beschluss vorgehen, würde sich eine Höhe des Mindestlohns von 9,82 Euro ergeben. Auf dieses Niveau soll der Mindestlohn nach dem Vorschlag der Kommission ein Jahr nach Beginn des Zweijahreszeitraums, für den der Beschluss gefasst wurde, angehoben werden. Im Jahr 2021 bleibt der Mindestlohn mit 9,50 Euro (ab dem 1. Januar 2021) und 9,60 Euro (ab 1. Juli 2021) noch unter dieser Höhe, ab dem 1. Juli 2022 steigt er hingegen auf 10,45 Euro und übersteigt damit den Wert, der sich bei einer strikten Nachzeichnung der Tariflohnentwicklung ergeben hätte, deutlich.

Ein solches Vorgehen entspricht gleichwohl der in § 9 Absatz 2 Satz 2 MiLoG vorgegebenen Orientierung an der Tariflohnentwicklung. Diese bildet lediglich im Rahmen der Prüfung der Kriterien des § 9 Absatz 2 Satz 1 MiLoG einen Richtwert für die Anpassung (BT-Drs. 18/1558, S. 38) und hat damit die Funktion der Mindestlohnkommission einen Orientierungsmaßstab dafür zu geben, wie die von den Prüfungskriterien des § 9 Absatz 2 Satz 1 MiLoG angesprochenen Belange zu einem Ausgleich in praktischer Konkordanz gebracht werden können. Eine strenge Indizierung ist vom Gesetz hingegen nicht gefordert.

Nach Einschätzung der Bundesregierung ist die vorgeschlagene Anpassung des Mindestlohns, die sich nachlaufend an der Tariflohnentwicklung orientiert, auch unter Berücksichtigung der Begründung des Anpassungsbeschlusses und des von der Mindestlohnkommission vorgelegten Evaluationsberichts bei Gesamtabwägung geeignet, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen. Mit der Orientierung an der Tariflohnentwicklung stellt die Kommission sicher, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestlohns erhalten, an den Einkommenszuwächsen der Branchen teilhaben, für die funktionierende Tarifstrukturen bestehen. Dabei gewährleistet die sich an der Tarifentwicklung orientierende Erhöhung des Mindestlohns auch künftig einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So wird ein Beitrag dazu geleistet, unterdurchschnittliche Lohnsteigerungen, wie sie nach Auffassung der Mindestlohnkommission teilweise in Branchen mit hoher Mindestlohnbetroffenheit bestanden, zu vermeiden.

Es erscheint vor dem Hintergrund der durch die Corona-Pandemie bedingten wirtschaftlichen Unsicherheiten nachvollziehbar, den Mindestlohn in mehreren, zunächst kleineren Schritten zu erhöhen, sodass der Wert, der sich bei einer strikten Nachzeichnung der nachlaufenden Tariflohnentwicklung ergäbe (9,82 Euro), erst ein Jahr nach Beginn des Zweijahreszeitraums, für den der Beschluss gefasst wurde, erreicht wird. Die Kommission kommt zu der Einschätzung, dass für das Gesamtjahr 2020 gesamtwirtschaftlich eine deutliche Rezession zu erwarten ist, im Jahr 2021 eine wirtschaftliche Erholung ansteht und erst 2022 eine Rückkehr auf das Niveau des Bruttoinlandsprodukts von vor der Pandemie zu erwarten ist. Diese Einschätzung deckt sich mit der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung 2020. Angesichts dieser Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung erscheint es plausibel, im Jahr 2021 den Mindestlohn nur in geringem Umfang und in zwei Schritten von 15 Cent (zum 1. Januar 2021) und 10 Cent (zum 1. Juli 2021) zu erhöhen. Dies entspricht einer Erhöhung von 1,6 Prozent beziehungsweise 2,67 Prozent, jeweils gerechnet vom aktuellen Wert von 9,35 Euro. Durch die darauffolgende, etwas stärkere Erhöhung von 22 Cent (5,03 Prozent im Vergleich zum jetzigen Niveau) zum 1. Januar 2022 wird der Wert erreicht, der sich bei einer Nachzeichnung der nachlaufenden Tariflohnentwicklung ergäbe. Zusammen mit der abschließenden deutlichen Erhöhung um 63 Cent auf 10,45 Euro (entspricht 11,76 Prozent Steigerung gegenüber der derzeitigen Höhe von 9,35 Euro) spiegeln diese Schritte die zu erwartende Rückkehr auf das Niveau des Bruttoinlandsprodukts von vor der Pandemie wider. Angesichts der mit Blick auf die wirtschaftliche Situation geübten Zurückhaltung bei den Erhöhungsschritten im Jahr 2021 erscheint es angemessen, im Jahr 2022 den Arbeitnehmerschutz stärker in den Vordergrund zu stellen und auch eine deutlich über dem sich bei einer Nachzeichnung der Tariflohnentwicklung ergebenden Niveau liegende Mindestlohnhöhe im zweiten Quartal 2022 zu befürworten. Auf den gesamten Zeitraum von zwei Jahren gerechnet ergibt sich im Ergebnis eine Steigerung von 5,26 Prozent; dieser Wert liegt damit nur geringfügig über dem Wert, der sich bei einer strikten Nachzeichnung der Tariflohnentwicklung ergeben hätte.

Der Mindestlohn hat es bei seiner Einführung einem alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten ermöglicht, bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ein Monatseinkommen oberhalb der am 1. Januar 2015 geltenden Pfändungsfreigrenze von netto 1 049,99 Euro zu erzielen. Die Pfändungsfreigrenze ist mit der Bekanntmachung über Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen vom 4. April 2019 (BGBl. I S. 443) mit Wirkung zum 1. Juli 2019 für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Unterhaltspflichten von netto 1 139,99 Euro monatlich auf netto 1 179,99 Euro monatlich erhöht worden. Die Erhöhung des Mindestlohns auf zunächst brutto 9,50 Euro je Zeitstunde stellt sicher, dass der Mindestlohn auch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Erhöhung am 1. Januar 2021 einem alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten ermöglicht, bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ein Monatseinkommen oberhalb der derzeit geltenden Pfändungsfreigrenze zu erzielen. Durch die von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene Erhöhung wird der vom Gesetzgeber geforderte Mindestschutz in einem Verhältnis wie zur Einführung des Mindestlohns gewährleistet.

Die vorgeschlagene Anpassung des Mindestlohns, die sich nachlaufend an der Tariflohnentwicklung orientiert, ist nach Einschätzung der Bundesregierung auch unter Berücksichtigung der Begründung des Anpassungsbeschlusses und des von der Mindestlohnkommission vorgelegten Evaluationsberichts bei Gesamtabwägung zudem geeignet, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Für Betriebe, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Löhnen auf Mindestlohnniveau beschäftigen, bedeutet ein höherer gesetzlicher Mindestlohn steigende Lohn- und damit Produktionskosten. Die vorliegenden Evaluationsergebnisse zeigen, dass es den Betrieben ganz überwiegend gelungen ist, sich an das höhere Lohnkostenniveau anzupassen und keine grundsätzlich nachteiligen Wirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbssituation zu beobachten sind.

Zwar sind nach Einführung des Mindestlohns die Arbeitskosten (das heißt die Summe aus Bruttolohnsumme und Lohnnebenkosten) leicht überdurchschnittlich gestiegen. Die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitskosten ist allerdings vorrangig auf die bis dato gute konjunkturelle Lage und die damit verbundenen Lohnzuwächse zurückzuführen. Eine Anhebung des Mindestlohns, die sich an der Tariflohnentwicklung orientiert, wird das Verhältnis des durch diese Anpassung induzierten Anstiegs der Arbeitskosten zur gesamtwirtschaftlichen Lohnsumme deshalb nicht wesentlich verändern. Die vorgeschlagene Anpassung des Mindestlohns trägt zudem durch Einschränkung des Lohnunterbietungswettbewerbs zu fairen und funktionierenden Wettbewerbsbedingungen zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitgebern bei.

Die Lohnstückkosten, die das Verhältnis von Arbeitnehmerentgelt und Produktivität ausdrücken, zeigen keinen mindestlohninduzierten Anstieg. Seit etwa 2011 ist ein vergleichsweise geringer Anstieg der Produktivität zu verzeichnen, was unter anderem an der Integration zusätzlicher Personen in den Arbeitsmarkt infolge der Arbeitsmarktreformen in den 2000er Jahren sowie Beschäftigungsverschiebungen hin zu weniger arbeitsproduktiven Bereichen, insbesondere der Dienstleistungsbranche, liegen dürfte. Das geringere Produktivitätswachstum wiederum führt zu einem Anstieg der Lohnstückkosten. Dieser seit 2011 anhaltende Trend setzte sich auch in den Jahren 2015 bis 2019 fort, ohne dass ein Einfluss durch den Mindestlohn erkennbar ist.

Das Gleiche gilt für die Wettbewerbssituation. Nennenswerte Auswirkungen des Mindestlohns auf die Marktstruktur – etwa durch eine veränderte Unternehmensdynamik oder Wettbewerbsintensität – lassen sich nicht feststellen. Auch bei der Entwicklung der Insolvenzverfahren sind keine Unterschiede zwischen den vom gesetzlichen Mindestlohn besonders betroffenen Branchen und der Gesamtzahl aller Insolvenzen erkennbar. Sofern sich in naher Zukunft an diesem Befund etwas ändern sollte, wäre es näherliegend, dass die teilweise erwartete Steigerung der Zahl der Insolvenzen im Hotel- und Gaststättengewerbe eher die Folge des durch die Covid-19-Pandemie bedingten „Lockdowns“ als von gestiegenen Lohnkosten sein würde.

Der Mindestlohn wirkt auch Wettbewerbsverzerrungen entgegen, die entstehen, wenn ausländische Unternehmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland einsetzen und diese zu den im Herkunftsland geltenden niedrigeren Löhnen beschäftigen. Soll diese Zielsetzung des Mindestlohns nachhaltig erreicht werden, bedarf es bei einem als konkretem Betrag vorgeschriebenen Mindestlohn der regelmäßigen betragsmäßigen Anpassung. Vor diesem Hintergrund ist die vorgeschlagene Erhöhung geeignet, weiterhin zu einem fairen und funktionierenden Wettbewerb zwischen im Inland und im Ausland ansässigen Unternehmen und zugleich zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen.

Nach Einschätzung der Bundesregierung bestehen unter Berücksichtigung der Begründung des Anpassungsbeschlusses und des von der Mindestlohnkommission vorgelegten Evaluationsberichts keine Hinweise, dass die vorgeschlagene Anpassung des Mindestlohns, die sich auch nachlaufend an der Tariflohnentwicklung orientiert, gesamtwirtschaftlich negative Beschäftigungswirkungen entfaltet.

Die Arbeitslosenquote war in Deutschland nach Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 auf 6,4 Prozent gesunken. Nach der Anpassung des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 sank dieser Wert auf 5,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2017 und nach der Anpassung zum 1. Januar 2019 auf 5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2019. Gleichzeitig hat die Gesamtbeschäftigung in diesem Zeitraum weiter zugenommen. Dies geht vorwiegend auf die positive Entwicklung bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zurück. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug im Juni 2019 rund 33,41 Millionen. Dies stellt einen Anstieg um rund 0,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte beziehungsweise um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr dar. Die Anzahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten ist zwischen Juni 2018 und Juni 2019 von 4,74 auf 4,648 Millionen Personen zurückgegangen, wobei der Rückgang an ausschließlich geringfügig Beschäftigten zuvor im Jahr 2015 besonders groß war. Zum Teil handelte es sich dabei um Umwandlungen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Die seit März 2020 zu beobachtenden steigenden Arbeitslosenzahlen und der Rückgang der Gesamtbeschäftigung sind weitestgehend auf den Corona-bedingten wirtschaftlichen Abschwung zurückzuführen.

Die Jahre 2018 und 2019 brachten eine robuste Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung. So stieg das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem jeweiligen Vorjahr um 3,1 Prozent im Jahr 2018 und um 2,7 Prozent im Jahr 2019. Für 2020 schätzt die Bundesregierung in ihrer Frühjahrsprojektion 2020 eine Veränderung des BIP von minus 4,7 Prozent gegenüber 2019. Für 2021 erwartet die Bundesregierung einen Anstieg des BIP um 6,8 Prozent. Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose stimmt dieser Projektion zu. Für 2020 erwartet der Sachverständigenrat einen Rückgang um 4,5 Prozent. Für 2021 wird ein Anstieg von 6,6 Prozent prognostiziert. Nach der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung wird auch von einer Erholung auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2021 ausgegangen.

Die Zahl der registrierten Arbeitslosen sank von 2,7 Millionen Personen im Juni 2015 auf 2,2 Millionen Personen im Juni 2019. Die Zahl der Erwerbstätigen mit Arbeitsort Deutschland stieg im selben Zeitraum von 43,1 Millionen Personen im Jahresdurchschnitt auf 45,23 Millionen Personen.

Die Gemeinschaftsdiagnose der Institute folgt der Projektion der Bundesregierung und geht von einem Rückgang der Erwerbstätigen im Inland auf 44,88 Millionen Personen für 2020 und von einer Erholung 2021 auf 45,04 Millionen Personen aus. Der Sachverständigenrat prognostiziert für beide Jahre einen Rückgang. Zunächst auf 44,76 Millionen Personen im Jahresdurchschnitt 2020 und für 2021 auf 44,58 Millionen Personen.

Die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung erwartet für 2020 im Jahresdurchschnitt eine Arbeitslosenzahl von 2,62 Millionen Personen (Arbeitslosenquote 5,8 Prozent). Für 2021 wird erwartet, dass die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt auf rund 2,46 Millionen (Arbeitslosenquote von 5,4 Prozent) sinkt.

Insgesamt ist angesichts der prognostizierten Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der bislang für die Beschäftigungswirkungen des Mindestlohns vorliegenden Datenanalysen davon auszugehen, dass eine Mindestlohnerhöhung, die sich an der Tariflohnentwicklung orientiert, keine spürbaren negativen Beschäftigungseffekte haben wird. Die vierstufige Erhöhung des Mindestlohns in dem genannten Umfang ist nach Auffassung der Bundesregierung zudem besonders geeignet, die wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen sachgerecht zu reflektieren und dazu beizutragen, die Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise tragfähig zu verteilen. Sie gewährleistet für die Arbeitgeber die Kalkulierbarkeit und Vorhersehbarkeit der Mindestlöhne und schafft hierdurch Planungssicherheit. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch tarifvertragliche Entgeltanpassungen, an welchen sich der Zweijahres-Rhythmus der Beschlüsse der Mindestlohnkommission orientiert, ebenfalls häufig zeitlich gestufte Anpassungen vorsehen.

Zu § 2 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

In § 2 wird das Inkrafttreten der MiLoV3 geregelt. Die Verordnung tritt entsprechend dem Beschluss der Mindestlohnkommission zum 1. Januar 2021, frühestens aber am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft (vergleiche § 11 Absatz 1 Satz 2 MiLoG). Mit dem Inkrafttreten der MiLoV3 tritt die Zweite Mindestlohnanpassungsverordnung vom 13. November 2018 (BGBl. I S. 1876) außer Kraft. Die MiLoV3 gilt, bis sie durch eine neue Rechtsverordnung abgelöst wird (vergleiche § 11 Absatz 1 Satz 3 MiLoG).

Anlage

Beschluss
der Mindestlohnkommission nach § 9 MiLoG
vom 30. Juni 2020

Die Mindestlohnkommission hat in ihrer Sitzung vom 30. Juni 2020 einstimmig beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn in folgenden Stufen zu erhöhen:

Zum 1. Januar 2021  9,50 Euro
Zum 1. Juli 2021  9,60 Euro
Zum 1. Januar 2022  9,82 Euro
Zum 1. Juli 2022 10,45 Euro,
jeweils brutto je Zeitstunde.

Begründung:

Die Mindestlohnkommission prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Bei der Festsetzung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns orientiert sie sich nachlaufend an der Tarifentwicklung. Die vorliegenden Erkenntnisse zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die im Mindestlohngesetz genannten Kriterien hat die Kommission im Rahmen ihres Dritten Berichts an die Bundesregierung, der gemeinsam mit diesem Beschluss veröffentlicht wird, umfassend dokumentiert.

Die Beschlussfassung fällt in diesem Jahr in eine Zeit großer Unsicherheit angesichts der Corona-Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen. Für das Gesamtjahr 2020 wird gesamtwirtschaftlich eine deutliche Rezession erwartet, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Branchen gibt. Für das Jahr 2021 gehen die aktuellen Prognosen von einer wirtschaftlichen Erholung aus. Ab 2022 ist eine Rückkehr auf das Niveau des Bruttoinlandsprodukts von vor der Pandemie zu erwarten.

Die Anpassung lässt laufende Tarifverträge im Wesentlichen unberührt. Durch die frühzeitige Ankündigung der einzelnen Anpassungsstufen bis ins Jahr 2022 haben die Tarifvertragsparteien zudem die Möglichkeit, die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns bei der Fortentwicklung ihrer Tarifverträge zu berücksichtigen.

Die vorliegenden wissenschaftlichen Evaluationsstudien kommen für die Mindestlohneinführung zu dem Ergebnis, dass es bislang nur geringe negative Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die Beschäftigung gab. Diese betrafen unmittelbar nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 vorrangig die ausschließlich geringfügige Beschäftigung („Minijobs“). Die nachfolgenden Erhöhungen des Mindestlohns hatten keine statistisch messbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung. Die nun beschlossene vierstufige Erhöhung des Mindestlohns dient dazu, die Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaft­lichen Krise tragfähig zu verteilen.

Der heutige Beschluss zur Erhöhung des Mindestlohns soll zu fairen und funktionierenden Wettbewerbsbedingungen beitragen, indem er einem Verdrängungswettbewerb durch niedrigste Arbeitsentgelte entgegenwirkt. Für Betriebe, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Löhnen auf Mindestlohnniveau beschäftigen, bedeutet ein höherer gesetzlicher Mindestlohn steigende Lohn- und damit Produktionskosten. Die vorliegenden Evaluationsergebnisse zeigen, dass es den Betrieben ganz überwiegend gelungen ist, sich an das höhere Lohnkostenniveau anzupassen und keine grundsätzlich nachteiligen Wirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbssituation zu beobachten sind.

Für die Orientierung an der nachlaufenden Tarifentwicklung stützt sich die Mindestlohnkommission auf den Tarifindex des Statistischen Bundesamts. Konkret werden entsprechend der Definition des gesetzlichen Mindestlohns als ­Stundenlohn die tariflichen Stundenverdienste ohne Sonderzahlungen als Basis herangezogen.

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Erkenntnisse zur Beschäftigungs- und Wettbewerbssituation hält es die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung für vertretbar, den Mindestlohn in diesen Stufen und in diesem Umfang zu erhöhen, um den Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirksam zu verbessern.

Einzelne Gesichtspunkte wurden in der Kommission unterschiedlich diskutiert und bewertet. Im Ergebnis hält die Kommission die beschlossene stufenweise Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns im Rahmen der im Gesetz vorgeschriebenen Gesamtabwägung für angemessen. Bei künftigen Entscheidungen wird die Kommission erneut prüfen, welche Höhe des gesetzlichen Mindestlohns im Rahmen der Gesamtabwägung mit Blick auf die im Mindestlohn­gesetz genannten Kriterien tragfähig ist.

Die Mindestlohnkommission hat die Möglichkeit zur Durchführung einer Anhörung nach § 10 Absatz 3 MiLoG genutzt. Die Stellungnahmen sind in einem Ergänzungsband zum Dritten Bericht der Mindestlohnkommission enthalten.

1
Der Beschluss ist in der Anlage zu dieser Bekanntmachung abgeduckt.
2
Abzurufen unter https://www.mindestlohn-kommission.de/DE/Bericht/pdf/Beschluss2018.pdf?__blob=publicationFile&v=11.