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Bundesinstitut für Berufsbildung
Amtlicher Teil
Stellungnahme des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 15. März 2012 zum Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Programm „Erasmus für alle“ 2014 bis 2020
Bundesinstitut für Berufsbildung
BAnz AT 10.04.2012 S2
Bundesinstitut für Berufsbildung
BAnz AT 10.04.2012 S2
10.04.2012
Bundesinstitut für Berufsbildung
Stellungnahme
des Hauptausschusses
des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 15. März 2012
zum Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Programm „Erasmus für alle“ 2014
bis 2020
Am 23. November 2011 hat die Europäische Kommission den Entwurf für das Programm „Erasmus
für alle“ für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgelegt. Der Vorschlag sieht ein Finanzvolumen
von 17,3 Mrd. € vor. Er führt das bisherige Programm für Lebenslanges Lernen, das
Programm Jugend in Aktion sowie Programme mit Drittstaaten im Hochschulbereich strukturell
zu einem einzigen großen Bildungsrahmenprogramm zusammen und sieht zusätzlich eine
Aktion für Sport vor.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) nimmt hierzu wie folgt
Stellung:
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung begrüßt, dass der Vorschlag
für das Programm „Erasmus für alle“ ein deutlich erhöhtes Budget für den Zeitraum
2014 bis 2020 vorsieht. Er weist auf die Bedeutung der in der EU-Wachstumsstrategie
Europa 2020 mit zwei eigenen EU-Kernzielen Bildung hin und betont, dass der Zukunftsbereich
Bildung bei den Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrahmen im Rat der Europäischen
Union und im Europäischen Parlament als wichtiger Zukunftsbereich für die Wettbewerbsfähigkeit
der Europäischen Union mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden muss. Von
Kürzungen muss deshalb abgesehen werden.
Er unterstützt die enge Verknüpfung des Programms mit den bildungspolitischen Zielsetzungen
der Europäischen Union. Er betont die Bedeutung aller Maßnahmen, die zu einem Abbau
der Jugendarbeitslosigkeit in Europa beitragen, insbesondere durch eine Stärkung einer
hochwertigen und praxisnahen beruflichen Bildung. Von daher unterstützt der Ausschuss
nachdrücklich die zügige und europaweite Umsetzung des in der Erklärung des Europäischen
Rates vom 30. Januar 2012 „Wege zu wachstumsfreundlicher Konsolidierung und beschäftigungsfreundlichem
Wachstum“ genannten Maßnahmekataloges zur Stärkung der praxisnahen Ausbildung in der
EU.
Er begrüßt die Zielsetzung, die Förderung der Mobilität zu Lernzwecken systematisch
auszubauen und ihn zur klaren politischen und inhaltlichen Priorität im neuen EU-Bildungsprogramm
nach 2013 zu machen. Dabei ist der Förderschwerpunkt in den Bildungsbereichen mit
dem höchsten Nachholbedarf zu setzen und die Mobilität in der beruflichen Bildung
besonders zu fördern. Wie die EU-Staats- und Regierungschefs hebt er in diesem Zusammenhang
auch den Stellenwert und den Markennamen des EU-Berufsbildungsprogramms LEONARDO DA
VINCI hervor.
Er unterstützt die Bemühungen, den Zugang zum Programm zu erleichtern und betont in
diesem Zusammenhang die besondere Bedeutung eines erleichterten Zugangs für kleine
und mittlere Unternehmen sowie kleinere Bildungseinrichtungen. Er begrüßt die angestrebte
Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zum Beispiel durch die verstärkte Nutzung von
Pauschalen.
Trotz dieser positiven Aspekte erfüllt der Vorschlag der Europäischen Kommission nicht
die Erwartungen des Hauptausschusses. Er vermisst in weiten Teilen des Vorschlags
konkrete Aussagen zur Ausgestaltung und Umsetzung des Programms. Er kann nicht erkennen,
wie die umfangreichen Ergebnisse der öffentlichen Konsultation in den Vorschlag eingeflossen
sind.
Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit verankern
Der Hauptausschuss betont die Notwendigkeit, das Konzept des Lebenslangen Lernens
nachhaltiger im neuen Programm zu verankern. Hierzu zählt insbesondere die Förderung
von Maßnahmen, die die Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit zwischen Bildungsbereichen
und die Gestaltung und Erleichterung der Übergänge zwischen den Bildungsbereichen
fördern.
Demografischen Wandel berücksichtigen
Weiterhin ist die Bedeutung des demografischen Wandels stärker zu berücksichtigen.
Der vorliegende Vorschlag zielt ganz überwiegend auf die Förderung der beruflichen
und akademischen Erstausbildung ab. Erforderlich ist die Ausweisung einer eigenen
Budgetlinie für die berufliche Weiterbildung und Erwachsenenbildung.
Spezifika und Bedürfnisse der Bildungsbereiche abbilden
Der Hauptausschuss hält es für erforderlich, an den Bildungsbereichen als Gliederungsstruktur
des Programms festzuhalten. Die Mehrzahl der Zielsetzungen der Strategie 2020 ist
bildungsbereichsspezifisch. Von besonderer Bedeutung sind der Bologna-Prozess, der
Kopenhagen-Prozess und die Europäische Agenda für die Erwachsenenbildung. In den Mitgliedstaaten
sind die Bildungssysteme – wenn auch in unterschiedlicher Form – nach den Bildungsbereichen
strukturiert. Die Integration des Programms Jugend in Aktion sollte durch Schaffung
eines eigenständigen Kapitels erfolgen, in dem jugendpolitische Maßnahmen gebündelt
werden und sichtbar sind.
Angemessene Budgetaufteilung zwischen den Bildungsbereichen sicherstellen
Der Hauptausschuss stellt fest, dass der Entwurf der Kommission eine Verschiebung
der Finanzmittel zu Lasten der beruflichen Bildung und zugunsten der Hochschulbildung
vorsieht. Eine Konzentration der Fördermittel in der Hochschulbildung wird nicht die
arbeitsmarktpolitischen Probleme in der Europäischen Union lösen. Mindestens 25 %
des Programmbudgets sind daher für die berufliche Bildung vorzusehen. Mindestens 85
% statt bisher 56 % des verfügbaren Budgets sollten den Bildungsbereichen als Budgets
zugewiesen werden.
Mobilität in der beruflichen Bildung fördern
Der Hauptausschuss begrüßt den europäischen Benchmark, 6 % aller Auszubildenden einen
Lernaufenthalt im Ausland zu ermöglichen. Der Vorschlag „Erasmus für alle“ leistet
jedoch keinen signifikanten Beitrag, die Mobilität in der beruflichen Bildung weiter
zu erhöhen.
Internationale Dimension für alle Bildungsbereiche öffnen und Multiplikatoren einbeziehen
Der Aufbau von Berufsbildungsstrukturen und Berufsbildungskooperationen trägt nachhaltig
zur globalen Entwicklung bei. Der Hauptausschuss plädiert mit Nachdruck für eine Öffnung
des Programms für die internationale Zusammenarbeit mit Ländern außerhalb der EU im
Bereich der beruflichen Bildung.
Weiterhin erachtet der Hauptausschuss Maßnahmen für erforderlich, die die Vernetzung
von Multiplikatoren und Entscheidungsträgern auf europäischer Ebene unterstützen,
um die relevanten politischen Prozesse zu begleiten.
Bewährte Strukturen fortentwickeln
Die Beteiligung der Sozialpartner im Programmausschuss ist im Unterschied zum Programm
für Lebenslanges Lernen nicht vorgesehen und muss im Beschluss verankert werden.
Die Ausgestaltung der nationalen Umsetzung des Programms sollte grundsätzlich in der
Verantwortung der Mitgliedstaaten liegen, um die unterschiedlichen nationalen Bildungssysteme
und ihre Strukturen angemessen zu berücksichtigen. In Deutschland hat sich die Möglichkeit
der Benennung mehrerer nationaler Behörden und Nationaler Agenturen grundsätzlich
bewährt.
Die Bezeichnung „Erasmus für alle“ hat zu großen Missverständnissen in der Öffentlichkeit
geführt und ist als Programmbezeichnung nicht geeignet. Sie ist durch eine unmissverständliche
neue Bezeichnung zu ersetzen, wie sie zum Beispiel der in der mittelfristigen Finanzvorausschau
gewählte Name „Education for Europe“ darstellt. Der Hauptausschuss plädiert nachhaltig
für die Beibehaltung der etablierten Markennamen (wie COMENIUS, ERASMUS, LEONARDO
DA VINCI, GRUNDTVIG, ERASMUS Mundus) für die Aktionen in den jeweiligen Bildungsbereichen.